Der Beginn des letzten Frühjahrs war für uns der optimale Zeitpunkt für die Anschaffung eines Lastenrades. Nun fahre ich seit mehr als einem Jahr ein elektronisch unterstütztes Lastenrad für drei Kinder, um genau zu sein den Johnny Loco eCargo Cruiser 5.0.
Der Tacho zeigt mittlerweile über 2000 im Alltag verfahrene Kilometer an. Also ist es an der Zeit für einen ehrlichen, unbeauftragten Erfahrungsbericht.
Welche Vorteile und Nachteile hat mein Johnny Loco Rad? Warum habe ich mich für dieses Modell entschieden? Wem würde ich zum Kauf eines Lastenrades raten? Sollte es für den Transport von mehreren Kindern ein e-Bike sein? Was gibt es beim Kauf zu beachten?
Im Folgenden werde ich auf alle Aspekte eingehen und viele weitere Fragen beantworten, die mich im letzten Jahr erreichten.
Lastenrad für drei Kinder: Lohnt sich das?
Für mich war der entscheidende Kaufaspekt unser alltäglicher Weg zum Kindergarten. Zu Fuß sind mir die zwei Kilometer pro Strecke zu weit und zu zeitaufwendig. Mit zwei oder drei kleinen Kindern mehrmals täglich Auto zu fahren ist auf Grund des Ein- und Ausladens allerdings auch nervenaufreibend, vor allem in Relation für so eine kurze Strecke.
Solange es die Witterung irgendwie zulässt, fahren wir diesen Weg nun mit dem Rad. Mit Hin- und Rückweg sind das mindestens acht Kilometer Bewegung täglich für mich. Wir sind an der frischen Luft und schonen die Umwelt, weil das Auto stehen bleibt.
Lastenrad für Lebensqualität
Ich merkte schnell, dass diese Form der Fortbewegung uns mehr Mobilität und einen flexibleren Alltag ermöglichte.
Auf dem Rad kommen die Kleinkinder meistens zur Ruhe. Sie können gut das Drumherum beobachten, fühlen sich geborgen und bekommen frische Luft.
Ich weiß die Kinder sicher aufgehoben und kann selbst kurz abschalten.
Im März 2020 sind wir teilweise einfach nur ziellos durch den Wald gefahren, des Friedens Willen.
Alle weiteren Fortbewegungsmittel für Spaziergänge wie Laufräder, Fahrräder, Roller, zu Fuß bzw. im Kinderwagen – ja selbst der Bollerwagen – bringen mit drei Kleinkindern entschieden mehr Konfliktpotenzial mit sich.
So hat mir das Lastenrad wirklich Lebensqualität im (über-)fordernden Alltag mit drei kleinen Kindern zurückgebracht.
Der Alltag mit drei Kindern & Lastenrad
Super praktisch ist, dass bei uns ein vierter Sitz frei bleibt. Den kann ich mit Rollern oder einem Laufrad beladen. So können die Kinder sich dann unterwegs – in sicherer, verkehrsberuhigter Umgebung – austoben und müssen nicht über gefährliche Straßen düsen.
Ich schätze sehr, dass ich im Vergleich zu einem Anhänger ganz gut mit den Kindern vorne kommunizieren kann. Dass sie so nah beieinander sitzen, ist Fluch und Segen zugleich. Sie streiten natürlich zwischendurch, können sich aber auch mal gegenseitig helfen.
Mittlerweile düsen wir nicht nur zum Kindergarten, sondern zu vielen Nachmittagsveranstaltungen oder zum Einkaufen. Manchmal sitzt nur das jüngste Kind im Korb und die Großen fahren auf den eigenen Rädern nebenher. Hin und wieder nehmen wir noch einen kleinen Freunde mit.
Außerdem sind Familienradtouren wieder spontan möglich. Es gab eine Zeit, da bin ich dann mit Baby mit dem Auto hinterher gedüst und mein Mann war mit den Zwillingen im Anhänger unterwegs.
Nun schmeißen wir Picknick und Kinder einfach ins Johnny Loco und sausen los.
Die lästige Suche nach Familiengerechten Parkplätzen fällt weg und spart wirklich Zeit im Alltag.
Ab welchem Alter können Kinder im Johnny Loco Lastenrad sitzen?
Beim Kauf des Lastenrads waren die Zwillinge 3,5 Jahre alt, der Kleinste knapp über 1 Jahr alt. Angegurtet und mit einem Geschwisterkind an der Seite saß er von Anfang an ausreichend gut. Ideal sind die Stoffsitze für Kinder von 2 bis 4 Jahren. Bei den beiden – für ihr alter eher recht großen – Vierjährigen wird es nebeneinander schon etwas kuschelig.
Eine Babyschale kann man theoretisch nachrüsten.
Theoretisch kann ich auch einen Erwachsenen befördern, da es für knapp über 200 kg Last zugelassen. Dank der flexiblen Sitzbank aus robustem Stoff passt das auch halbwegs mit den längeren Beinen.
Johnny Loco eCargo Cruiser: Vorteile & Nachteile
Ich habe das Rad der niederländischen Marke bei einer Bekannten kennengelernt und war ziemlich angetan. Auch nachdem ich nach möglichen Alternativen recherchiert hatte, konnte mich kein anderes Lastenrad mit vier Sitzplätzen mehr überzeugen.
Für zwei Kinder mag es gleichwertige oder vielleicht sogar bessere Alternativen geben.
Es besteht fast ausschließlich aus Aluminum und ist damit deutlich leichter als die Varianten mit Holzkorb.
Die zwei Bänke sind relativ geräumig und beide in Fahrtrichtung angebracht. Die Vorderbank ist etwas enger als die Rückbank. Theoretisch lässt sich auch nur eine einbauen, sodass dann mehr Platz im Fußraum für Gepäck ist.
Letztendlich haben wir uns ja in einem spezialisierten Fahrradladen beraten lassen und der Verkäufer konnte uns noch mit den Vorteilen von Motor und Gangschaltung (7 Gänge) überzeugen. Die weiß ich nun aber ehrlich gesagt nicht mehr im Detail.
Motor, Akku und Schaltung kommen auf jeden Fall von der japanischen Firme Shimano, die in vielen Teilen der Welt Marktführer für Fahrradteile ist.
Außerdem finde ich das Design auch einfach hübsch und hochwertig. Der Retrostil schreit nicht gleich nach „Rettet die Welt“, wenn ihr wisst, was ich meine.
Die Leder bezogene Lenkstange ist richtig super. Bei mir rollt sich das Lederband aber leider häufig ab und muss dann neu gewickelt werden.
Ebenfalls interessant sein dürfte: Sowohl ich (1,70 m) als auch mein deutlich größerer Mann können das Rad bequem fahren.
Lastenrad mit oder ohne Elektromotor?
Ich finde sehr gut, dass die elektronische Unterstützung komplett abgeschaltet werden kann und in drei Stufen regulierbar ist.
Anfangs habe ich komplett alle Wege mit „High Speed“ gemacht. Mit steigender Fitness und wachsendem Fahrgefühl konnte ich dann aber schon schnell herunterschalten. Nun fahre ich meistens im „Eco“ Modus. Gelegentlich schalte ich die Trittunterstützung auch gar nicht an.
Bedient wird der Motor über einen Schaltknopf am Lenker und den Tacho.
Mit drei Insassen komme ich ohne Elektromotor ehrlich gesagt nicht sonderlich weit. Das Anfahren kostet schon alleine ziemlich viel Kraft. Dank der elektronischen Unterstützung habe ich kein Problem mit Bergen. Meistens fahren wir gemütliche 15-20 km/h. Wenn ich mich beeile komme ich auf 25-27 km/h. Der Motor ist so eingestellt, dass er über diese Geschwindigkeit hinaus nicht mehr verstärkt.
Geladen werden muss der Akku bei mir ungefähr einmal in der Woche, wenn wir keine größeren Fahrradtouren unternehmen.
Nervig finde ich die Fummelei, um das Ladekabel anzuschließen. Ich kann verstehen, dass die Elektronik gut geschützt eingebaut werden muss. Der Verbindungspunkt sollte aber irgendwie eleganter zugänglich sein.
Lastenrad für drei Kinder: Zwei oder drei Räder?
Von einem zweirädrigen Lastenrad für drei Kinder habe ich schnell abgesehen, als ich das auch bei Bekannten ausprobieren durfte. Es ist schmaler und damit auch wendiger und Fahrradweg kompatibler. Aber mir persönlich ist das zu kippgefärdet. Ich bin einfach der Typ fürs Dreirad.
Am Anfang fühlen sich beide Varianten komisch an. Das Fahrgefühl auf einem Lastenrad ist einfach ein anderes als auf einem gewöhnlichen Fahrrad. Aber schon nach 2-3 Fahrten hatte ich Lenkbewegungen und Gewichtsverlagerungen total verinnerlicht.
Was es bei der Anschaffung eines e-Lastenrades noch zu beachten gibt:
Es fiel bei uns im ersten halben Jahr relativ viel Wartung an. Dafür sollte man jemanden an der Hand haben.
Ständig waren Schrauben locker, die Bremsen falsch eingestellt oder es hat aus anderen Gründen irgendetwas geschleift.
Entweder konnte mein Mann die Probleme selbst beheben oder wurde mit telefonischem Support von dem Fahrradfachgeschäft durch die Reparatur geführt.
Sie bieten auch eine professionelle Wartung an. Aber es ist natürlich kompliziert, so ein riesiges Gerät in die Nachbarstadt zu transportieren. Deshalb haben wir davon abgesehen.
Es macht deshalb wahrscheinlich Sinn, die Anschaffung so lokal wie möglich zu tätigen.
Übrigens bieten viele auf Lastenräder und eBikes spezialisierte Läden Testfahrten an.
Förderprojekt: emissionsarme Mobilität
Wir hatten das große Glück, dass wir eine Landesförderung in Anspruch nehmen konnten. Eine Teilsumme des Kaufpreises wurde uns rückerstattet. Die Antragstellung war nicht ganz einfach und die Informationen darüber spärlich. Bei uns hat es sich auf jeden Fall gelohnt, hartnäckig nachzuforschen. Letztendlich haben wir einen Antrag bei der Bezirksregierung Arnsberg gestellt.
Leider ist es nach aktuellem Stand (02.2021) in NRW für Privatpersonen nicht mehr möglich, für Unternehmen schon. Das Förderprogramm soll eigentlich auch für Familien fortgesetzt werden.
Vielleicht mögt ihr noch eigene Erfahrungen mit einem Lastenrad für zwei oder drei Kinder ergänzen?! Lohnt sich das auch bei einem Kind? Habt ihr noch konkrete Fragen zum Alltag mit Lastenrad oder dem Johnny Loco e-Cargo Cruiser? Dann hinterlasst doch einen Kommentar!
Ps. zur Transparenz:
Dieser Beitrag entstand ohne Werbe-Auftrag und dient lediglich der Informationsbeschaffung.
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Hallo,
schöner Beitrag! Fahrt ihr damit auch richtig im Straßenverkehr? Auf den Bildern tragen die Kinder keine Helme, gibt es denn keine Helmpflicht? Bzw. wie sieht der Hersteller das aus Sicherheitsaspekten? Viele Grüße
Laura
Liebe Laura,
ach genau – dazu wollte ich auch noch einen Satz in den Text schreiben, weil ich mir sicher war, dass die Frage kommt. Das ergänze ich auch noch später. 😉
In Deutschland gibt es aktuell auf e-Bikes bis 25 km/h keine Helmpflicht, soweit ich informiert bin. Für Fahrräder, Anhänger, Kindersitze und Lastenräder sowieso nicht. Wir haben Kosten-Nutzen-Risko (Unfallszenarien usw.) gründlich abgewogen und uns dagegen entschieden. Bei uns gibt es die „Helmpflicht“ nur, wenn die Kinder selbst fahren. Eine sehr persönliche Entscheidung…
Liebe Grüße
Hallo ich habe beschlossen für mich und meine Zwillinge 2Jahre ein Johnny loco zu kaufen, jetzt lese ich aber in Testberichten, das wenn 2Kinder auf der hinteren Bank sitzen sich die Box neigt und auf dem darunterliegenden Bolzen schleift. Wie ist deine Erfahrung?
Liebe Grüße Alex
Liebe Alex,
das ist bei uns noch nie vorgekommen. Und so gut wie immer sitzen zwei Kinder auf der hinteren Bank.
Am Anfang hat öfter was geschleift, aber das hatte mit den Rädern, Bremse, Einstellungen… zu tun.
Herzliche Grüße,
Nora
Danke für diesen schönen Artikel über deine Erfahrung mit dem Lastenrad mit drei Kindern. Wenn ich mit meiner Tochter in die Stadt oder einkaufen fahre nehme ich meistens das Auto, aber ich möchte mir auch ein Lastenrad anschaffen. Gut zu wissen, dass man schon nach 2-3 Fahrten die Lenkbewegungen und Gewichtsverlagerungen verinnerlicht hat.
Hallo,
ich bin kein Befürworter der Lastenräder. Diese fahren hier mit hoher Geschwindigkeit durch die Stadt – saugefährlich für alle, insbesondere für die Kinder, die überwiegend ohne Helm darin gefahren werden.
Ich bin in der Verkehrserziehung für Kinder tätig und finde, dass Kinder selber Radfahren müssen, damit sie es sicher beherrschen und sich bewegen. Außerdem können Kinder nur zu mündigen Verkehrsteilnehmer*innen werden, wenn sie die Teilnahme am Straßenverkehr von Anfang an lernen. Im Lastenrad lernen sie leider nichts.
Viele Grüße
Kate
Liebe Kate, es tut mir Leid, dass du negative Erfahrungen sammeln musstest. Ein Stück weit kann ich es auch nachvollziehen. Ich kann dir nur nochmal aus der anderen Perspektive erläutern, dass das Lastenrad bei uns das Auto ersetzt und überhaupt eine Möglichkeit für mich ist, mit drei kleinen Kindern im Alltag aufs Rad zu kommen. Denn wie du dir sicher vorstellen kannst, kann ich drei Mini-Kids gleichzeitig nichts beibringen… Perfektion ist halt im Alltag nicht immer drin.
Herzliche Grüße und danke für dein Feedback!
Hallo
Ein cooler Bericht alle relevanten Themen von diesem Rad werden gut beschrieben.
Wer noch mehr über diese „Blechtonne“ wissen mag wird bei den WieselExperten auch mit vielen Zusatzinfos zu diesem Cargobike fündig.
LG aus Berlin