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Vitamin D, Fluorid & Eisen – Prophylaxe für Babys

Auch wenn es nun schon ein Weilchen her ist, kann ich mich noch gut dran erinnern, wie man auf geburtsvorbereitenden Veranstaltung mit Infos und Flyern über medizinische Entscheidungen, die man für das Neugeborene bzw. das noch Ungeborene treffen sollte, überhäuft wurde. Mal wieder beglückwünschte ich mich, schon vor der hormonellen Umstellung zur Mama eine relativ fundierte Meinung zu dem Thema gehabt zu haben. Allerdings zeigte sich dann in der Praxis, dass viele Lehrbuch- und Leitlinien-Empfehlungen zwar gut durchdacht sind, aber im individuellen Fall dann doch abgewandelt werden sollten. Nach Bauchgefühl. Wie meistens im Eltern-Kind-Kosmos.
Deshalb, und weil ich letztens von euch nach meiner Meinung gefragt wurde, fasse ich nun im dritten Teil der „Hausapotheke fürs Baby“ meine Erfahrungen mit den Medikamenten und Substanzen zusammen, die dem kerngesunden Baby empfohlen werden, einzunehmen: Vitamin K, Vitamin D und Fluorid. Bei Früh- oder Mangelgeborenen wird auch die Eisen-Substitution empfohlen. Darauf werde ich auch noch eingehen, da es uns ja betroffen hat.

Hausapotheke Baby Prophylaxe
Ich betone, dass ich hier NICHT die offiziellen Leitlinien und Empfehlungen wiedergebe, sondern meine Einschätzung und Erfahrung als Mutter und Medizinerin.

Vitamin K

Das ist für mich kurz und knackig abzuarbeiten. Ich halte die Gabe für absolut gerechtfertigt. Die Substanz verhindert, dass ein Baby verblutet. Die Leber, die die Faktoren zur Blutgerinnung bereitstellt, muss nach der Geburt erst noch in Gang kommen. Das Risiko an dem sogenannten „Morbus haemorrhagicus neonatorum“ zu erkranken, liegt zwar nur bei 1:10.000. Allerdings soll kein Baby dieser blöde 10.000ste Fall mit einer Hirnblutung sein, die hätte verhindert werden können. Bei Frühchen ist das Risiko höher. Da ist die Gabe also noch wichtiger.
Es gibt diverse Dosier-/ Verabreichungs-Schemata. In Deutschland erfolgt die Gabe oral (= als Flüssigkeit durch den Mund). Schwere Nebenwirkungen gibt es bei richtiger Anwendung so gut wie nicht. Bauchschmerzen werden diskutiert. Allerdings haben sehr viele Babys in den ersten Lebenswochen von allem und nichts Bauchweh. Deshalb überwiegt der Nutzen für mich klar.
Ich finde es schlimm, dass sich einige Eltern durch vorgeburtliche Recherche in unprofessionellen Quellen verunsichern lassen, ohne die richtigen Konsequenzen zu kennen.
Die meisten Geburtshelfer lassen sich die Einverständniserklärung zur Gabe schon vor der Geburt von den Eltern unterschreiben. Ich habe aber auch schon von Krankenhäusern gehört, wo es einfach obligat gegeben wird, solange kein Einwand erhoben wird.

Vitamin D3

Vitamin D ist das einzige Vitamin, das von Körper selbst gebildet werden kann und nicht nur durch die Nahrung aufgenommen wird. Dazu durchlaufen diverse Vorstufen Prozesse in verschiedenen Organen. In Leber, Niere und in der Haut. Für diesen Schritt wird Sonnenlicht benötigt. Davon sehen Babys in Mitteleuropa (auch vollkommen zurecht im Sommer, wegen Verbrennungsgefahr!) zu wenig und könnten unter Umständen einen Mangel entwickeln. Eigentlich würde es ausreichen, täglich 15 Minuten Gesicht und Arme in die Sonne zu halten, um genügend selbst zu produzieren, habe ich damals in einer Vorlesung erzählt bekommen und mir tatsächlich gemerkt, weil es ja eigentlich nicht viel Zeit ist.
Mangel bedeutet, dass vor allem die Knochen nicht vernünftig wachsen können, weil die Calcium-Aufnahme des Körpers gestört ist. Bei Babys ist das Knochenwachstum natürlich noch mal besonders rasant und wichtig. Deshalb macht es auf jeden Fall Sinn, zur Sicherheit zu substituieren. Sonst könnte es zu einer Rachitis kommen mit Knochen- und Zahnverformungen und juckendem Hautausschlag. Der Calciummangel kann zusätzlich zu neurologischen Ausfällen führen. Es ist also insgesamt eine schwere Krankheit mit schweren Folgeschäden.
Im gesamten ersten Lebensjahr (auch schon bei Frühgeborenen) wird die Gabe von 500 IE empfohlen. Darüber hinaus, also für das zweite und dritte Lebensjahr gibt es diverse kontroverse Meinungen: Gar nicht mehr. Reduzierte Dosis. Fortführen bis zum 3. Geburtstag. Ich finde, dass es auch in den dunklen Wintermonaten in Deutschland mehr nutzen als schaden kann, die Prophylaxe fortzuführen. Es muss ja nicht unbedingt täglich sein. Es ist übrigens auch kein Beinbruch, wenn man es mal im ersten Lebensjahr vergisst. Ich habe unsere Tropfen zum Beispiel gar nicht erst mit in den Urlaub genommen, weil da genug Sonne war. Und nun im Sommer wenn wir viel draußen waren, ist es mir auch egal.
Eine Überdosierung ist sehr unwahrscheinlich und tritt erst auf, wenn über mehrere Tage die vierfache Dosis verabreicht wurde. Dann treten Schweißausbrüche, Unruhe, Muskelschwäche, starker Durst und häufiger Harndrang auf. Es könnten sich auch Calcium-haltige Steine in der Niere bilden.
Typischerweise verschreiben Kinderärzte Tabletten, Vigantoletten heißen die bekanntesten. Sie sind aber auch frei verkäuflich. Ab dem zweiten Lebensmonat bzw. ab 3 kg Körpergewicht wird ein Kombinationspräparat mit Fluorid empfohlen, dazu unten mehr.
Wie ich oben schon schrieb, benutzen wir Vitamin D Tropfen statt Tabletten. Jeden Tag gibt es genau einen Tropfen. Anfangs wurde auf dem Wickeltisch der Löffel abgelutscht, mittlerweile steht die Flasche auf dem Abendbrottisch. Ich finde es praktischer und weniger „invasiv“ als täglich zwei Tabletten aufzulösen und einzuflößen bzw. in die Mundschleimhaut zu stecken. Solche Gedanken hat man aber nur als Mama und nicht als Arzt. Der eigentliche Grund, warum wir umgestiegen sind, war, dass ich einen Zusammenhang zwischen den Tabletten und Verdauungsproblemen vermutet habe.
Es gibt Vitamin D-Tropfen auch in Kombination mit Darmbakterien (BiGaia), dazu habe ich hier schon unsere Erfahrungen festgehalten.
Die Tropfen sind verschreibungspflichtig. Weil sie leichter als eine Tablette überdosiert werden können und ein Tropfen auch theoretisch etwas mehr als 500 IE enthält, tun sich einige Kinderärzte schwer mit dem Verschreiben. Solange man wirklich nur einen Tropfen täglich verabreicht, von dem ja wiederum noch lange nicht alles im Baby ankommt, halte ich es für problemlos und bin mir sicher, dass viele Eltern das gut hinbekommen.

Vitamin D Fluorid Eisen Prophylaxe Baby

Fluorid

Die Fluorid-Gabe ist das umstrittenste und komplizierteste heutige Thema. Hier gibt es mal wieder diverse Kontrahenten. Die Fluorid-Gegner gegen die -Befürworter. Die Zahnärzte gegen die Kinderärzte. Team Pasta gegen Team Pille gegen Team Bloß-Nicht.
Ich muss gestehen, dass ich mich nicht sonderlich intensiv belesen habe, sondern mich mal wieder auf mein Bauchgefühl verlassen habe.
Genau wie Jod ist Fluor in Deutschland eher unzureichend in unserer Nahrung vorhanden. Es wird aber für eine gesunde Knochen- und Zahnmineralisation (= Wachstum) benötigt. Somit schützt Fluorid auch gegen Kariesbefall.
Zahnärzte empfehlen, ab dem ersten Zahn mit einer 0,05% Fluorid-haltigen Zahnpasta zu putzen. Hierbei gibt es übrigens von Marke zu Marke Unterschiede in der Komplex-Verbindung (Natrium-Fluorid, Amin-Fluorid…). Die Zahnärzte argumentieren, dass es so besser dort ankommt wo es hingehört.
Die Kinderärzte sagen, dass die Versorgung bei typischerweise nur wenig kooperativen allenfalls widerwillig Zähne putzenden Babys mit Natrium-Fluorid-Tabletten (z.B. (D-)Fluoretten) besser gewährleistet ist. Und dass der Fluorid-Speicher am besten schon gefüllt ist, bevor der erste Zahn überhaupt durchbricht. Deshalb wird die Einnahme ab zwei Monaten empfohlen.
Letzten Punkt finde ich sehr logisch. Zumindest, wenn das Baby geschwollene Kauleisten bekommt und andere Zahnungsanzeichen aufzeigt sollte man meiner Meinung nach spätestens loslegen. Da ich mir auch nicht richtig vorstellen kann, wie Substanzen aus der Zahnpasta IN den Zähnen landen soll, ohne vorher im Blut gewesen zu sein, halte ich die Tabletten für die logischere Variante. Außerdem freuen sich die Knochen auch über eine Extraportion Fluorid. Und wie kommt das bitte aus der Zahnpasta am Schienbeinknochen an?!
Allerdings hat uns auch hier die Praxis einen Strich durch die Theorie gemacht. Ich hatte das Gefühl, dass die D-Fluoretten noch schlechter vertragen werden als die Vigantoletten. Deshalb habe ich nur einmal in der Woche eine Tablette gegeben, bis der erste Zahn putzbar war. Seitdem wird jeden Abend zusätzlich eine winzige Menge fluorid-haltige Zahnpasta von der Bürste gelutscht. Putzen würde ich es nicht nennen.
Dieses Vorgehen findet man in keinem Lehrbuch. Ich bin bislang aber zufrieden und würde es wieder so handhaben.
Eine Überdosis macht übrigens weiße Flecken auf den Zähnen. Wenn man Fluorid-Tabletten täglich gibt, sollte man unbedingt eine Fluorid-freie Zahnpasta verwenden.

Eisen

Auf Grund einiger Studienergebnisse und Leitfäden werden den meisten Frühgeborenen Eisenpräparate in Form von Eisentropfen teilweise schon in der Klinik gegeben und die gewichtsadaptierte Dosis-Steigerung und Fortführung im ersten Lebensjahr empfohlen. Weil der Theorie nach ein besseres Aufholwachstum gewährleistet ist, wenn der Eisenspiegel künstlich  hoch ist.
Ich habe letzten Sommer einige der Studien gelesen, als meine beiden Früchtchen noch viel geschlafen haben. Was noch hängen geblieben ist: die Indikation zur Eisensubstitution wird dort viel weiter eingegrenzt (Geburtsgewicht, Geschlecht, Vorerkrankungen…), als es meiner Meinung nach von den einzelnen Neonatologien und Kinderärzten gehandhabt wird. Und ein Eisenpräparat ist kein Zuckerschlecken. Nicht für einen Erwachsenen, schon gar nicht für einen Winzling und das entsprechende Verdauungssystem, das erst noch in Gang kommen muss und schon genug am Kostaufbau zu knabbern hat. Apropos Zuckerschlecken. Habt ihr mal probiert, wie ekelig so ein Tropfen ist? Das ist quasi wie eine alte Schraube zu lutschen. Soll das das erste Geschmackserlebnis sein?
Bei uns sollte nur der leichtere Zwilling Eisentropfen einnehmen und der schwerere erst ab einem bestimmten Gewicht, das ich aber wieder vergessen und nie umgesetzt habe. Letztendlich hatte ich irgendwann den Mut, die Tropfen ganz wegzulassen, nachdem jede Dosissteigerung ein totales Verdauungsfiasko verursacht hat. Die Entwicklung ist trotzdem sehr gut, die Gesundheit top. Wäre dem nicht so, also wäre die Gewichtszunahme schlecht, das Baby häufig krank oder sehr blass, hätte ich die Tropfen wohl wieder ausgepackt. So hat sich die Verdauung aber irgendwann selbst regulieren können, was meiner Meinung nach für das gesunde Wachstum und die Nährstoffverwertung auch von nicht unwichtiger Bedeutung ist.
Um mein Gewissen zu beruhigen gab es unter anderem deshalb den Beikoststart mit Hirseflocken, die einen hohen Eisengehalt haben.
Ich kann aber verstehen, dass viele Eltern und auch die niedergelassenen Kinderärzte – weil sie ja nur das Beste und nichts falsch machen wollen – vor solchen Entscheidungen zurückschrecken.

Übrigens kriegt man die fiesen Flecken egal ob auf Stoff oder anderen Materialien mit einem Fleckenentferner für Rost und Deo und anschließendem Sonnen-Bleeching gut weg! Als Hausmittel soll aber auch Zitronensaft gut helfen.


So, das waren meine bisherigen Erfahrungen mit den Prophylaxe-Medikamenten für Babys. Ich bin klare Befürworterin. Aber man muss die individuelle Situation berücksichtigen, um Nutzen und Schaden abzuwägen.

Ich glaube übrigens nicht, dass Vitamin D und höchstwahrscheinlich auch nicht Fluorid für die Verdauungsprobleme und Bauchschmerzen verantwortlich sind, sondern eher Trägersubstanzen der Tablette. Bei Eisen ist das etwas anderes. Eisen verstopft, bei Groß und Klein.
Wie ist eure Meinung? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Das ist ja auch spannend für alle anderen (werdenden) Eltern zu lesen.
Habt ihr noch Fragen? Hab ich etwas vergessen?


Ihr wollt mehr aus der Serie „Hausapotheke/ Gesundheit fürs Baby“ lesen?

3 Kommentare

  1. Sehr interessanter Artikel! Also ich befürworte eine Zugabe von Vitaminen ja nur, wenn tatsächlich ein Mangel vorliegt. Ansonsten hätte ich Angst, dass es den natürlichen Kreislauf des Körpers stört. Warum sollte der schließlich die Mechanismen in Gang setzen, die normaler Weise für die Bildung eines bestimmten Stoffes verantwortlich sind, wenn ich dieses Stoff ständig von außen zuführe. Das Einzige was ich einnehme ist Vitamin B12 da ich mich vegan ernähre. Bei meinem Kind hatte ich regelmäßig Bluttests machen lassen, um alle Werte zu kontollieren. Da immer alles ok war, habe ich auch nie Vitamine gegeben.

    Ganz liebe Grüße
    Laura

    • Nora | milchundmehr.de sagt

      Bluttests bei Kindern würde ich persönlich nur empfehlen, wenn etwas nicht in Ordnung scheint! Aber vielen Dank für dein Feedback.

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