Wie kann man sich eigentlich sinnvoll auf die aktive Phase in der Kinderwunschzeit vorbereiten? Was kann man dazu beitragen, dass es vielleicht schneller und problemloser klappt? Was ist totaler Unsinn? Muss man sich überhaupt irgendwie darauf vorbereiten? Immerhin entstehen eine ganze Reihe Schwangerschaften völlig ungeplant.
Wie immer gilt, dass es auch bei diesem Thema kein Patentrezept gibt. Ich halte lediglich meine Meinung und meine Erfahrungen fest. Bedauerlicherweise kann ich den Text auch nicht mit einer Erfolgsstory abschließen…also vielleicht rede ich auch nur Unfug. Trotzdem habe ich schon so viel verwirrende Ideen und Ratschläge im Netz gelesen und hoffe, mit meinem halbwegs sachlichen Beitrag dem ein oder anderen bei der Recherche helfen zu können.
Was kann ich also noch VOR dem Verzicht auf Verhütung tun?
Folsäure-Substitution
Es macht echt Sinn, jeden Tag eine Folsäure-Tablette (0,4 mg) einzunehmen. Anfangen sollte man ca. einen Monat noch parallel zur Pille oder anderen Verhütungsmaßnahmen. Folsäure ist ein Vitamin (B9) und wird zum Bau menschlicher Zellen benötigt, vor allem auch für die des Blutes. Durch ausgewogene Ernährung nehmen wir gerade so viel auf, wie wir selbst benötigen. Viele Menschen leiden an Folsäuremangel, was zu Blutarmut führen kann. Wenn sich dann also ein ganzer Zellhaufen alias Baby bildet, braucht man davon einfach ein bisschen mehr. Das Zellgerüst wird vor allem ganz am Anfang angelegt, weshalb die Speicher schon beim Eintritt einer Schwangerschaft gefüllt sein sollten. Es ist nachgewiesen worden, dass ein ganz bestimmtes Erkrankungsbild, was mit schweren Neurologischen Fehlbildungen einhergehen kann und grob unter „offener Rücken“ (Neuralrohrdefekt) zusammengefasst werden kann, gehäuft bei Babys vorkommt, deren Mütter einen Folsäuremangel haben. Seitdem in den Industrieländern so fleißig substituiert wird, ist die Erkrankungshäufigkeit erfreulicherweise stark zurückgegangen.
Eigentlich ist die Einnahme auch nur am Anfang der Schwangerschaft, also im ersten Trimester, relevant. Das Neuralrohr schließt sich nämlich normal schon innerhalb der ersten drei Wochen. Da ist ja die Schwangerschaft häufig noch gar nicht bekannt. Es schadet aber auch nicht das Vitamin länger zu nehmen. Überdosierungen sind bis jetzt noch nicht negativ aufgefallen. Man kann eh nur eine gewisse Menge speichern. Der Rest wird ausgeschieden.
Die Tabletten müssen wirklich wegen der begrenzten Speicherkapazität nur in einer Dosis von 0,4 mg täglich eingenommen werden. Mehr ist Quatsch. Bei einer ausgewogenen, vollwertreichen Ernährung Bedarf es auch keiner weiteren Vitamin-Substitution. Die ganzen teuren Kombi-Präparate kann man sich meiner Meinung nach sparen. 100 Tabletten kosten ungefähr 15 Euro und sind frei verkäuflich.
Gesunde Lebensweise
Ich rede auf keinen Fall von Leistungssport, halte aber Fitness und Bewegung für extrem wichtig, um Herz und Kreislauf optimal auf die Herausforderung vorzubereiten. Wer vorher fit war, kann auch in der Schwangerschaft ruhigen Gewissens ein bisschen Sport treiben. Auch ist es ja gar nicht so unwahrscheinlich, dass man auf Grund irgendwelcher Komplikationen für mehrere Tage oder gar Wochen liegen muss. Dafür ist es von Vorteil, wenn vorher schon ein paar Muskeln da waren, die sich dann in dieser Zeit abbauen können und man hinterher nicht total in den Seilen hängt.
Sowohl Übergewicht als auch Untergewicht können die Fruchtbarkeit beeinflussen.
Außerdem ist es wichtig, dass man nicht zu viel Stress hat und genug Schlaf bekommt. Weil diese Faktoren beeinflussen den Hormonhaushalt. Trotzdem ist das natürlich manchmal nicht zu umgehen und es ist auch wieder anzumerken, dass selbst im Krieg Kinder gezeugt werden.
Verzicht auf Nikotin und größere Mengen Alkohol brauchen ja wohl keine großen Worte und sollten selbstverständlich sein.
Gesunde, vollwertige Ernährung
Gesunde, vollwertige Ernährung ist sowieso immer gut. Egal für was. In dem Fall Kinderwunsch/ Schwanger werden macht die ausgewogene Ernährung aber auch wie schon oben geschrieben die ganze Nährstoff- und Vitamin-Substitution überflüssig und schont damit den Geldbeutel. Unter gesund verstehe ich keinenfalls nur Bioprodukte und Rohkost. Sondern eben Vielfalt. Vollkornprodukte enthalten viele der Vitamine und Mineralien, die auch in diesen ganzen Kombipräparaten sind, sind gut für die Verdauung und halten länger satt. Obst und Gemüse ist sowieso immer gut. Und Milchprodukte sind wichtig für jede Menge Calcium für den Knochenbau. Fleisch ab und zu mal kann nicht schaden um Eisenspeicher voll zu halten. Allerdings ist Eisen auch in vielen Gemüsen oder Hülsenfrüchten enthalten. Im Verlauf der Schwangerschaft steigt der Bedarf allerdings, sodass eine Substitution nötig sein könnte. Am Anfang ist das aber alles kein Problem.
Über das Thema Fisch macht unsere Kinderwunschklinik momentan glaube ich sogar eine Studie. Die Omega-3-Fettsäuren sollen wohl den Implantationsvorgang begünstigen. Wie da die genauen Zusammenhänge sind, sollte ich eigentlich mal genauer recherchieren… Generell finde ich Ernährung aber total spannend und werde da sicher noch mal das ein oder andere Mal genauer zu berichten.
Optimale Einstellung der Schilddrüse
Schilddrüsenüber- und –Unterfunktionen sind in Deutschland recht häufig, verlaufen manchmal unbemerkt und führen auch gerne zu Zyklusstörungen und Unfruchtbarkeit. Man geht davon aus, dass für eine Schwangerschaft eher hohe Schilddrüsenhormonwerte von Vorteil sind. Gemessen wird das aber an einem Rückkopplungshormon aus dem Gehirn, dem TSH. Die TSH-Werte sollen eher niedrig sein. Optimal sind Werte zwischen 1 und 2 mU/L. Die Werte, die man bei Frauen (und Männern) ohne Kinderwunsch tolerieren würde, gehen allerdings bis 4 mU/L. Der TSH-Wert ist etwas stabiler als die Werte der eigentlichen Schilddrüsenhormone, aber trotzdem noch ordentlichen Schwankungen unterworden. Bei mir war der Wert im April bei 1,7 mU/L und im Juli auf einmal bei über 3 mU/L und damit behandlungsbedürftig bei Kinderwunsch. Es macht also schon Sinn, den Wert regelmäßig kontrollieren zu lassen, sollte die Phase länger dauern. Man kann es auch ruhig schon vor dem eigentlichen Startschuss angehen und den Wert beim Hausarzt kontrollieren lassen. Das Gute ist, dass sich die Hormone leicht substituieren lassen, mit dem Präparat L-Thyroxin. Die kleinste Dosis sind 25 µg pro Tag, also eine halbe 50 µg Tablette. Das ist eine absolut homöopathische Menge, die man Schilddrüsen-Kranken/-Operierten niemals geben würde. Zur „Kinderwunsch-Therapie“ kann es aber ausreichen. Mein Wert liegt nach einmonatiger Einnahme im Optimum. Wenn man es zu hoch dosiert einnimmt, können Nebenwirkungen wie Unruhe, Herzrasen, Durchfall oder Gewichtsverlust auftreten. L-Thyroxin ist verschreibungspflichtig, 100 halbe Tabletten kosten ca. 7 Euro. Die Krankenkasse sollte die Kosten übernehmen. Iod und damit auch Seefisch können die Schilddrüsenaktivität auch beieinflussen.
Kontrolle des Impfstatus
Wenn man einmal schwanger ist, sollte man Impfungen und viele Medikamente meiden, weil es einfach keine vernünftige Datenlage gibt. Lebendimpfungen sind streng verboten. Allerdings können Krankheiten wie Windpocken, Masern und Röteln, gegen die es ja einen Impfstoff gibt, schwere Missbildungen verursachen, wenn sich Schwanger und Fetus/ Embryo anstecken. Deshalb macht es absolut Sinn, sich vor der Planung einer Schwangerschaft nochmal dagegen impfen zu lassen. Auch eine Keuchhusten-Impfung macht in diesem Zusammenhang Sinn. Auch für den potentiellen Vater! Keuchhusten ist zwar ansich nichts Schlimmes, allerdings können sich sehr kleine Babys daran schon anstecken, weil der Immunschutz über die Muttermilch nicht richtig funktioniert. Und für die kann so ein recht banaler Husten auch lebensgefährlich werden und mit Atemstillstand enden.
So, mehr Dinge fallen mir momentan nicht ein. Bestimmt habe ich aber auch noch etwas vergessen. Hat jemand noch weitere Tipps und Must-Do‘s? Sind meine Vorkehrungen übertrieben und sinnlos?
Ich merke immer wieder wie machtlos ich an vielen Punkten bin und wie wenig ich doch selbst beeinflussen kann. Deshalb tut mir gerade über so einen langen Zeitraum das Gefühl gut, wenigstens etwas zum Ganzen beitragen zu können. Auch wenn es nur Kleinigkeiten sind. Aus diesem Grund kann ich auch alle verstehen, die viel Geld in Vitamin-Pakete und Globulis stecken.