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Stillgeschichten: Interview mit einer Zwillings-Frühchen-Mama (2)

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Heute möchte ich euch die nächste Stillgeschichte vorstellen. @pingi3107 hat sich netterweise auch bereit erklärt, meine Fragen zu beantworten. Beim Lesen ihrer Antworten hatte ich teilweise richtig Gänsehaut. Wieder so viele Parallelen zu meinen eigenen Erfahrungen. Wieder ein anderer Wendepunkt. Aber vor allem – absolut treffende Erkenntnisse! Doch bevor ich zu viel verrate, lest am besten erst einmal selbst!
@pingi3107 ist 37 Jahre jung und ihre eineiigen Zwillings-Jungs, die Halunken, sind vor kurzem ein Jahr alt geworden. Am Ende der 33. SSW mussten die beiden per Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden.



Wie war deine Einstellung zum Thema Stillen in der Schwangerschaft? Hast du dich irgendwie darauf vorbereitet? Oder einfach alles auf dich zukommen lassen?

Meine Einstellung war grundsätzlich positiv und für mich war von Anfang an klar, dass ich es zumindest versuchen möchte. Die Einstellung „ich möchte es zumindest versuchen“ hatte ich deshalb, weil mir von Anfang an klar war, dass es sicherlich nicht ganz einfach ist, Zwillinge zu stillen und weil ich das Risiko einer Frühgeburt kannte und mir auch hier klar war, dass dies eine doppelt besondere Situation sein kann oder wird. 
Ich habe das Stillbuch von Hannah Lothrop gelesen und ein Zwillings-Schwangerschaftsbuch. Rückblickend würde ich aber sagen, dass mir diese Lektüre nicht unbedingt weitergeholfen hat. 


Kannst du dich noch an dein allererstes Stillerlebnis erinnern? 

Ja! Meine Mäuse lagen noch auf der Neo und ich bat darum, einen Stillversuch machen zu können. Die Schwester hat schon etwas genervt ausgesehen, weil es für sie Mehrarbeit ist, da die Kinder ja vorher und hinterher gewogen werden müssen, damit entsprechend nachgefüttert werden kann. Ich habe aber darauf bestanden und habe meinen Erstgeborenen angelegt! Die Umgebung war nicht schön, denn ich war nicht für mich, die Schwestern wuselten herum, aber wir haben es irgendwie geschafft und ich weiß noch wie stolz ich war, dass dieser kleine Mann (Geburtsgewicht 1.480 g) ganze 5 ml getrunken hat! Ich habe geweint vor Glück und war so stolz auf uns! Den kleinen Mann hatte es aber sichtlich angestrengt, den Rest der Mahlzeit hat er kaum aus der Flasche getrunken, sondern musste sondiert werden. Man glaubt gar nicht, wie anstrengend es für diese kleinen Menschlein ist, grundsätzlich zu trinken!


Mussten in der Anfangszeit Hilfsmittel (Pumpe, Hütchen…) eingesetzt werden? Wie hast du dich damit gefühlt? 

Ich habe gepumpt und habe mich damit gut gefühlt. Glücklicherweise kam nach dem Kaiserschnitt eine ganz tolle Krankenschwester auf mein Zimmer und fragte mich, ob ich stillen möchte. Als ich dies bejahte, hat sie mir sofort die Pumpe gebracht und ich habe losgelegt. Es ist natürlich nicht das tollste Gefühl der Welt und als Zwillingsmama pumpt man nunmal gleichzeitig beide Seiten ab, aber ich habe es immer pragmatisch gesehen: So haben meine Kinder wenigstens Muttermilch bekommen!


Was hat dir Probleme bereitet? Wie konnten diese gelöst werden?

Ich denke, dass die gesamte Situation: Frühchen, Zwillinge, Kaiserschnitt, Sorgen um die Kinder, Umgebung im Krankenhaus problematisch war. Ich hatte einfach keine ruhige und stressfreie Zeit. Ich konnte nicht in Ruhe in der Mutterrolle ankommen, sondern ich musste sofort funktionieren. Das Krankenhaus hat leider auch gar nicht unterstützt. Die Stillberaterinnen waren nur für die Wöchnerinnen-Station zuständig, auf der Neo gab es keinerlei Unterstützung. 


Gab es Komplikationen? Was hast du dagegen unternommen?

Ich hatte bereits im Krankenhaus durch den ganzen Stress einen kleinen Milchstau, den ich aber mit Hilfe der Pumpe lösen konnte. Als meine Kinder zu Hause waren und ich angefangen habe voll zu stillen, habe ich aber einen sehr schmerzhaften Milchstau bekommen, inklusive Fieber. Leider waren die Kleinen noch zu schwach um den Milchstau wegzutrinken. Ich habe dann wieder gepumpt (und erlebt, dass aus der schlimmer betroffenen Brust tatsächlich gar keine Milch gekommen ist) und Retterspitzumschläge gemacht. 


Wann und warum hast du den Schlussstrich gezogen? 

Durch den Milchstau ging es bei mir immer mehr bergab. Ich habe gemerkt, dass ich fix und fertig bin und mein Alltag nur noch in der Versorgung besteht und ich die Zeit mit meinen Kindern gar nicht mehr genießen konnte. Insgesamt haben meine Kinder 8 Wochen Muttermilch bekommen. 6 Wochen durch abgepumpte Milch und 2 Wochen habe ich vollgestillt. Der Milchstau ging zudem damit einher, dass plötzlich beide Kinder immer gleichzeitig Hunger hatten und ich habe es leider nicht geschafft, tatsächlich Tandem zu stillen. Einen schreien lassen kam für mich nicht in Frage. Zunächst habe ich überlegt, ob ich nicht einfach wieder pumpen soll. Aber wer schon mal gepumpt hat, weiß auch, wie aufwändig das ist. 15 Minuten abpumpen, Milch verfüllen und beschriften, Pumpset spülen … Und das alle 3 Stunden! Mein Mann musste aber wieder arbeiten und sich gleichzeitig um die Kinder zu kümmern und zu pumpen geht leider nicht. Zudem war meine Milchmenge auch gar nicht groß genug. Ich habe mich täglich körperlich immer schlechter gefühlt und habe dann entschieden, dass es für meine Kinder besser ist, eine fitte und ausgeglichene Mama zu haben.





Bereust du deine Entscheidung, vorzeitig abgestillt zu haben?

Nein. Ich hätte es mir zwar anders gewünscht und ich habe anfangs auch sehr gelitten. Ich weiß noch, dass ich bei der ersten Pre-Flasche geweint habe und mir unfassbar schlecht vorkam. Dabei weiß ich, dass ich alles gemacht habe. Ich habe auch nicht schnell aufgegeben, auch wenn sich das vielleicht für manche so anhört. Bevor ich mich endgültig zum Abstillen durchgerungen habe, habe ich noch eine ganz tolle Stillberaterin kommen lassen. Diese Frau war wirklich wunderbar und lustigerweise selber Zwillings-Mama. Sie hat mir viel Mut gemacht und ich würde mir wünschen, dass solche tollen Frauen auch auf den Neonatologien eingesetzt werden.
Rückblickend habe ich absolut richtig entschieden, das sehe ich täglich an meinen Kindern 


Könntest du die erste Zeit nochmal erleben, würdest du bezogen auf das Stillen etwas anders machen?

Ich würde schneller eine Stillberaterin hinzuziehen, denn meine Hebamme war mir auch keine große Hilfe. Eventuell würde ich auch direkt mit dem Krankenhaus sprechen, ob die Stillberaterin nicht auch mitkommen darf. Auf der Neo ist dies ja wegen der Infektionsgefahr normalerweise nicht erlaubt, zumindest bei uns durften nur die Eltern zu den Kindern. 


Was möchtest du werdenden (Zwillings-)Müttern mit auf den Weg geben?

Lasst Euch vor allem nicht von anderen Müttern fertig machen, die meinen, man wäre nur eine „gute Mutter“, wenn man die Kinder auch stillt. Ich habe mir teilweise Sachen anhören müssen, die mir völlig ungefragt gesagt wurden. Oder habe abschätzige Blicke beim Kauf von Pre-Nahrung erhalten. 
Stillen ist etwas wunderbares, aber darüber definiert sich nicht, ob man eine gute Mama ist. 
Den ultimativen Tipp gibt es sowieso nicht, da muss jede Mama herausfinden, was ihr gut tut.



Liebste @pingi3107, vielen Dank, dass du so mutig warst, deine rührende Still-Geschichte mit uns zu teilen. Als quasi erste Leserin kann ich dir versichern, dass auch du verdammt stolz auf die acht Wochen sein kannst, in denen die Halunken Muttermilch bekommen haben. Und auf den Rest deiner bisherigen Mama-Karriere erst recht! Der beste Beweis sind ja wohl die tollen, gesunden Jungs! Du hast deine Grenzen erkannt und konntest zu Gunsten der ganzen Familie abwägen, was besser für euch ist. Das ist große Stärke. Da gibt es nichts zu moppern! Es tut mir Leid, dass du teilweise andere Erfahrungen machen musstest. 
Die Stillberaterin auf der Neonatologie hat mir auch gefehlt. Ich hoffe, dass das in anderen Krankenhäusern anders organisiert ist?!
Und der vorletzte Satz hätte treffender nicht sein können!

Wie denkt ihr darüber? 

Ps.: Möchtest auch DU deine Still-Geschichte – egal ob kurz, lang, einfach oder schwer (jede Geschichte ist etwas besonderes und erzählenswert! Nicht nur Zwillings-/Frühchen-Mamas sind eingeladen…)  – auch hier teilen, dann kontaktiere mich einfach per E-Mail oder Instagram-Direktnachricht. Und lasst mich bitte wissen, falls noch weitere Fragen von Interesse sind…

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