Buchrezension | Während ich mich damals bei den Zwillingen wochenlang mit Babyequipment, Raumgestaltung und meinen eigenen Befindlichkeiten als Schwangere beschäftigte, passiert gerade einfach mal gar nichts. Also es passiert ziemlich viel, aber nichts, was großartig mit dem Baby zu tun hätte. Das Schicksal der Zweitgeborenen? Formal bei uns wohl eher das des Drittgeborenen.
Wie ich schon letztens bei Instagram durchblicken ließ, nagt das schlechte Gewissen schon an mir. Sowohl für die Großen als auch für das Kleine nicht genug sein zu können.
Ich weiß noch, dass ich vielen Mamas, die in den letzten Monaten ein zweites Kind bekommen haben, großzügig versichern konnte, dass sie zwei Kinder gleichzeitig gleichstark lieben werden. Nun stehe ich selbst mit Ungewissheit da: habe ich tatsächlich Platz für eine dritte, bedingungslose Liebe? Kann eine weitere Beziehung überhaupt so intensiv werden, wie sie zu meinen beiden großen Kindern, mit denen ich seit zwei Jahren tagtäglich fast non-stop zusammen bin, ist?
Ich habe Bammel – das gebe ich jetzt mal offen zu. Auch wenn ich nach außen hin immer versuche die coole Supermutti zu sein, die so einen „Einling“ doch nun sicher noch mit links wuppt.
Vorbereitungen für das dritte Kind?!
Um das schlechte Gewissen zumindest in eine Richtung zu verkleinern, habe ich nun endlich mal mit den Vorbereitungen angefangen. In der vierundzwanzigsten Woche. Damals bei den Zwillingen ein magischer Moment, der gefeiert wurde, während sich hier schon ein Babymarkt-Warenlager ausbreitete.
Ich habe allerdings keine wöchentlichen Schwangerschafts-Updates nachgetragen, keine kleinen Pumphosen in Größe 50 genäht, nicht den verspäteten Frühjahrsputz endlich nachgeholt oder das Beistellbett, was wir eigentlich noch dringend bräuchten, ausgesucht, sondern ein Schnuffeltuch erstanden. Das erste ganz persönliche Teil für das Baby. Und ich habe endlich den Ratgeber „Willkommen Geschwisterchen“*, geschrieben von meiner Blogger-Kollegin Nathalie Klüver, aus dem Regal geholt. Den habe ich schon vor einigen Wochen vom Trias-Verlag zur Rezension zugeschickt bekommen.
Als das Buch Ende letzten Jahres erschien, ahnte ich noch nicht, dass ich es jemals lesen wollen würde. Leben mit zwei Kindern – ich kenne es ja in meiner Mutterrolle nicht anders. Und könnte sicher auch ganze Ratgeber mit meinen persönlichen Erfahrungen füllen…
Aber mittlerweile bin ich an einem Punkt, an dem ich mir wie gesagt nicht mehr sicher bin, ob ich tatsächlich noch ein weiteres Kind jonglieren kann und dabei allen – mich eingeschlossen – gerecht werden kann. Deshalb tut es gut zu wissen, dass man nicht alleine mit den ganzen Fragezeichen ist. Dass es da jemanden gibt, der sich humorvoll aber auch sachlich-informativ mit den ganzen Problemchen auseinander gesetzt hat. Der von seinen ungeschönten Erfahrungen berichtet und die Meinung anderer Eltern einholt.
Was ich mir vom Buch erhoffte? Mehr Vorfreude und Optimismus zu empfinden. Hat sich das erfüllt? Definitiv!
Also kann ich es wirklich nicht nur allen ans Herz legen, die ein zweites oder drittes Kind planen, sondern auch gerade denen, die mit ebendiesem Kind schon schwanger sind und in einer wohl typischen Gefühlsachterbahn stecken. Ihr seid nicht allein!
Es soll aber nicht ausschließlich im Artikel um den Ratgeber gehen, sondern ich möchte mir auch mein eigenes Gedankenchaos als baldige Mutter von Dreien von der Seele schreiben.
Wie kann man drei Kindern gerecht werden?
Ich bin Planerin. Ich bin entspannter, je besser ich weiß, was mich erwartet. Das ist manchmal schwer mit dem Mamasein zu vereinen. Deshalb hilft es mir, typische Situationen einmal vorher im Kopf durchzugehen. Wie reagiere ich bei Eifersuchtsattacken? Was machen die größeren Kinder, wenn ich stillen/ wickeln/ Notfall-baden oder Brei füttern muss? Was macht das Baby, wenn die Großen gesonderte Aufmerksamkeit brauchen? Wann gibt es überhaupt noch einmal Zeit für mich? Oder den Partner?
Natalie gibt antworten. Mit der nötigen Gelassenheit, die ein Kopfmensch wie ich manchmal hören muss. Danke dafür. Auch wenn sie aus der Sicht einer Zweifachmutter schreibt, so ist mittlerweile bei ihr ein weiteres Familienmitglied hinzugekommen. Auf „Eine ganz normale Mama“ berichtet sie nun also auch über den Alltag mit drei Kindern.
Und sie zitiert viele andere Eltern im Buch, was noch einmal unterstreicht, dass man mit seinen Sorgen und Zweifeln wirklich nicht allein ist.
Willkommen Geschwisterchen: ein undogmatischer Ratgeber
Erfahrungen im Ratgeber gibt es unter anderem zu folgenden Themen: Altersabstände, Vorbereitung der großen Geschwister, Alltagsprobleme in der Anfangszeit und darüber hinaus, der Umgang mit Eifersucht, Kindergartenwahl, Zimmeraufteilung und vieles mehr.
Das ganze in schön undogmatischer Form. Also eher inspirierend und zum Nachdenken anregend als beratend. Das mag ich ja persönlich an Eltern-„Fachliteratur“.
In meiner Mittagsschlaflektüre habe ich gelernt, dass man in Deutschland typischerweise zwei Kinder bekommt mit einem Altersabstand von 3,3 Jahren. Somit haben wir mit drei Kindern innerhalb weniger als 2,5 Jahren den Durchschnitt wohl gesprengt.
Einige Fragen ergeben sich für mich persönlich gar nicht mehr, weil ich sie schon längst für die Zwillinge beantwortet habe. Ich hatte meine zwei Arme in den letzten zwei Jahren schon ordentlich im Einsatz, mir oft einen dritten herbeigesehnt und den Wocheneinkauf mit zwei Kindern mache ich zur Not im Halbschlaf. 😉
Einige Aspekte fand ich trotzdem richtig spannend und sehr gelungen dargestellt. Eben weil ich sie auch schon mit meiner jetzigen Erfahrung unterschreiben würde.
Geschwister zu haben ist sehr wichtig und super wertvoll. Das vergisst man im anstrengenden Alltag so leicht und es tut mir gut, zum jetzigen Zeitpunkt noch einmal darüber zu lesen. Konfliktverhalten, Teilen, Zurückstecken, soziales Lernen, Beziehungsfähigkeit, aus dem Fokus der elterlichen Erwartungen kommen – besser als mit Geschwistern kann man sein Kind nicht auf das Erwachsenenleben vorbereiten.
Besonders das letzte Kapitel, in dem es darum geht, den Perfektionismus zurückzufahren, sollte ich mir eigentlich mal mit dem Textmarker markieren. Natalies Fazit: Entspannte Eltern, glückliche Kinder. Ich werde schauen, was sich machen lässt.
Klar, wie das Leben mit einem Neugeborenen und gerade einmal zwei Jahre alt gewordenen Zwillingen in der Autonomiephase sein wird, kann mir kein Ratgeber prophezeien. Es wird anstrengend. Es wird Probleme geben, die sich niemand vorher ausmalen kann, der nicht selbst in der Situation steckte. Aber es wird auch die tollen, herzerwärmenden Momente geben. In denen das absolute, wertvolle Glück, was man nur als Mutter oder Vater empfinden kann, ganz deutlich zu spüren sein wird. „Mehr Kinder bringen mehr Arbeit. Aber auch mehr Glück“ – ist mein absolutes Lieblingszitat aus dem Buch.
Geschwister profitieren voneinander!
Die Schwangerschaft 2.0 ist komisch. So komplett anderes, als die erste. Nicht zuletzt, weil ich sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht unbedingt geplant hätte. Familienplanung, mein absolutes Unwort des Jahres und noch so ein anderes Thema, über das ich mich dringend einmal auslassen müsste. Es ist merkwürdig. Ich war/bin noch nicht an diesem Punkt, an dem jedes Neugeborene in meinem Blickfeld ein Sehnsuchtsgefühl auslöst. Das sei wohl ein sicheres Indiz, wieder bereit zu sein.
Aber ich muss mir wirklich öfter die Vorteile, die Geschwister mit sich bringen, aus dem Gedächtnis kramen. Ehrlich gesagt habe ich mich in der Zeit mit zwei Neugeborenen zu Hause, in denen ständig alle irgendwie zu kurz kamen, schon des öfteren Mal gefragt, was wir uns da eigentlich angetan haben. Aber mittlerweile bekomme ich täglich – natürlich neben allen Streitigkeiten – mehrfach zu spüren, wie die Zwillinge einander wertschätzen, trösten und zum Lachen bringen. Sich miteinander gegen mich verbünden. Schon mit anderen Kindern tauschen und teilen können. Das ist einfach nur toll zu sehen und in dem Alter unbezahlbar.
Und was ich mir auch noch einmal klar gemacht habe: aus meinem Freundeskreis schätze ich diejenigen am meisten für ihre Sozialkompetenz, die aus den größten Familien kommen. Deren Kindheit wohl ein paar Parallelen zu der Kindheit meiner Kinder haben wird. Auch wenn ich diese Kindheit in erster Linie nicht ausgesucht hätte.
Ein paar Wochen habe ich noch, bevor mich der Alltagswahnsinn fest in den Griff nimmt. In diesen möchte ich der Schwangerschaft mehr Raum geben. Genießen, dass da gerade ein komplett natürliches Wunder in mir heranwächst. Ein paar Ich-Momente erleben. Aber natürlich auch einen wilden, aufregenden Sommer mit den Zwillingen verbringen. Den Großen, die eigentlich noch immer meine winzig kleinen Früchtchen sind. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, wenn ich sie plötzlich so nennen muss, um sie vom Baby abzugrenzen. Wie verrückt das Mama-Ding doch manchmal ist.
* Affiliate Link | Rezension: das Buch wurde mir kosten- und bedingungslos zu Verfügung gestellt