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Erfahrungsbericht: frühgeborene Zwillinge stillen ohne Zufüttern

Heute darf ich eine weitere Zwillings-Stillerfahrung auf Milch & Mehr teilen. Ich freue mich wie immer sehr, diesmal aber nochmal ganz besonders, denn die Zwillings- und Frühchenmama  hat ihre Geschichte extra festgehalten, weil sie meine und eure Berichte als sehr wertvoll empfunden hat und deshalb auch ihre eigenen Erfahrungen weitergeben möchte.

Im Folgenden berichtet M. über ihren Stillstart mit ihren ersten Kindern. Sie ist knapp 30 und ihre Zwillingsmädchen, Lea und Lara, waren sieben Monate alt, als sie meine Fragen beantwortet hat. Die beiden wurden per Not-Kaiserschnitt nach Blasensprung genau neun Wochen zu früh geboren (31+00 SSW) und mussten die ersten fünf Wochen im Krankenhaus auf einer neonatologischen Station verbringen.
Während es hier schon den ein oder anderen Erfahrungsbericht mit ähnlichen Grundvoraussetzungen gibt, bei dem die Mutter um jeden Tropfen Milch kämpfen musste, fällt es M. nicht schwer, ihre Mädels satt zu bekommen. Bei ihr ist sogar zu viel Muttermilch für zwei Babys vorhanden! Aber auch das bringt, gerade bei trinkschwachen Frühchen, am Anfang einige Probleme mit sich.
Wie M. Milchstaus und Trinkschwierigkeiten in den Griff bekommen habt, erfahrt ihr nun…

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Zwillinge stillen: Vorbereitungen

Auf das Stillen habe ich mich schon während der Schwangerschaft gefreut und wollte es unbedingt zumindest versuchen. Deshalb habe ich Meister Google befragt ob und wie man Zwillinge stillen kann. Allerdings eher oberflächlich. Die Information, dass es möglich ist, hat mir erstmal ausgereicht. Im Geburtsvorbereitungskurs sollte das Stillen im Allgemeinen ja auch nochmal dran kommen. Leider habe ich den Termin durch die Frühgeburt nicht mehr wahrnehmen können.

Ich habe das Stillen von Mehrlingen also eher etwas blauäugig auf mich zukommen lassen. Ich hatte zwar im Hinterkopf, dass es vielleicht nicht ohne Zufüttern gehen wird, zwei Kinder satt zu bekommen, aber trotzdem haben wir uns bei den Vorbereitungen bewusst entschieden weder Flaschen noch Pre-Milch zu kaufen.
Meine Mutter erzählte mir, sie hätte bei ihren Kindern jeweils so viel Milch gehabt, dass sie auch drei hätte durchfüttern können (und wir waren keine Zwillinge…). Von daher habe ich mir ehrlich gesagt nicht großartig Sorgen gemacht.
Als wenige Tage vor der Geburt klar war, dass meine Mädchen Frühchen werden, war meine große Sorge, dass ich sie womöglich nicht stillen kann. Glücklicherweise hat in unserer Klinik das Stillen auf der Neonatologie einen hohen Stellenwert und man konnte mich beruhigen, dass es möglich ist. Ich sollte mich aber darauf einstellen, dass es eine Weile dauern wird, bis es klappt.

Die Milchpumpe – Freund und Feind

Die Milchpumpe bekam ich also noch am Tag der Entbindung unaufgefordert hingestellt und für die nächsten drei Monate war sie gefühlt im Dauerbetrieb. Am Anfang war es echt seltsam! Ich weiß noch, dass ich beim ersten Abpumpen lachen musste, weil es so absurd war. Aber die Routine kam relativ schnell.

Was mich dabei extrem genervt hat war das ewige Abwaschen und Sterilisieren, zusätzlich zum Pumpen. Sobald die Kinder aus dem Krankenhaus entlassen waren, habe ich – grob überschlagen – jeden Tag drei Stunden für das Vor- und Nachbereiten der Mahlzeiten verbraten. Dazu haben die beiden am Anfang gut eine Stunde gebraucht um ihre Flasche auszutrinken. Viel Zeit für Kuscheln oder Schlafen blieb dabei nicht.

Zum Glück hatte ich viel Unterstützung von meinem Mann, der in der Zeit auf die Kinder aufpassen konnte und beim Füttern geholfen hat, sonst wäre das nicht zu bewältigen gewesen. Außerdem hatte ich immer das Ziel vor Augen, dass alles einfacher wird, sobald ich die beiden endlich stillen kann. Auf Fertig-Milch umzusteigen war für mich einfach keine Option, damit wäre der Aufwand immer noch zu hoch gewesen, von den Kosten mal ganz abgesehen und an Muttermilch mangelte es mir nun wirklich nicht.

Ganz im Gegenteil – ich hatte ziemlich schnell ordentlich Milchüberschuss, teilweise von einem Liter pro Tag, obwohl ich nur sechs mal täglich abgepumpt habe.

Unser Weg zum erfolgreichen Stillen

Der erste Stillversuch fand schon nach vier Tagen im Krankenhaus statt. Ich wurde von der Pflegerin gefragt, ob ich meine größere Tochter Lara vor dem Kuscheln anlegen möchte. Das erste kurze Nuckeln war schon ein großes Erfolgserlebnis für uns beide und fühlte sich einfach richtig an.
Als die Mädchen nach Hause durften bekamen sie zuerst weiter die Flasche. Dabei zeigte sich, dass beide ein sehr unterschiedliches Trinkverhalten haben. Lara saugte wie wild und war permanent in Milch gebadet, da sie so viel auf einmal gar nicht schlucken konnte. Bei Lea war das Trinken etwas entspannter, nur leider ist sie ein Speikind und läuft permanent über.
Wenn ich zwischendurch genug Luft hatte, habe ich immer wieder versucht eine von beiden anzulegen – die erste Zeit recht erfolglos. Vereinzelt trank eine mal ordentlich und dann wieder nicht mehr.

In dieser Zeit hatte ich mein schönstes Stillerlebnis: ich habe die kleinere Lea nach ihrer Flaschenmahlzeit einfach mit ins Bett genommen und auf meiner Brust schlafen lassen. Als sich später langsam wieder Hunger breit machte, wurde sie halb wach, fing an zu suchen, hat mit ein wenig nachhelfen angedockt und das erste Mal richtig getrunken. Solche Momente haben mir gezeigt, dass es funktionieren kann und dass es sich lohnt, es weiter zu versuchen.

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Meine Hebamme hatte gesagt, dass die Mädchen ab etwa 3kg Körpergewicht so langsam das Stillen auch schaffen können. Daher war ich bis dahin relativ entspannt und habe mich einfach nur über die kleinsten Schritte in die richtige Richtung gefreut. Stillhütchen hatte ich schon auf der Neo für mich abgewählt.

Als die größere Lara dann fast 3kg erreicht hatte, habe ich mich voll auf sie konzentriert und sie vor jeder Flaschenmahlzeit angelegt. Sie hatte dann auch relativ schnell den Dreh raus, immerhin lief ihr die Milch schon mit minimalem Aufwand in großen Mengen in den Mund.
Danach war klein Lea dran. Bei ihr war es etwas schwieriger, sie hat nur ein bisschen genuckelt und dann direkt frustriert los gebrüllt. Wenn der Hunger zu groß war, wurde sie direkt hysterisch. Hatte sie nicht genug Hunger, fehlte die Motivation mit der Brust irgendwas anzufangen, oder sie ist einfach eingeschlafen.
Ich war schon völlig frustriert und verzweifelt, aber zum Glück hatte die Stillberaterin die zündende Idee. Ähnlich wie bei einem Brusternährungsset haben wir einen dünnen Schlauch auf meine Brust geklebt, so dass die kleine direkt beim Anlegen etwas Muttermilch in den Mund gespritzt bekommen konnte. Das fand sie super und hat direkt ganz alleine die Spritze leer gesaugt. Da haben wir nicht schlecht geguckt: klein Lea kann schon aus dem Strohhalm trinken!

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Das war zwar nicht ganz der Plan, brachte mich aber auf die Idee, direkt beim Anlegen einfach ein bisschen Milch aus der Brust zu drücken – und siehe da, sobald ihr die Milch von alleine in den Mund lief, funktionierte es auch mit dem Trinken. Danach ging das Umstellen auf ausschließliches Stillen relativ schnell und ich habe dann beide auch nur noch nach Bedarf gestillt und nicht mehr nach festen Zeiten.

Mit 3 Monaten konnte ich also meine Zwillinge voll stillen und die Milchpumpe durfte endlich die Heimreise antreten. Plötzlich hatte ich viel mehr Zeit und konnte mich auch trauen mit den Kindern etwas länger das Haus zu verlassen, ich konnte ja notfalls unterwegs stillen. Damit fiel eine unglaubliche Last von mir ab.
Ab und zu lief es noch etwas holprig. Vor allem Lea kann es nicht leiden, wenn man ihr zu viel Druck macht und brüllt dann nur, statt zu trinken, aber die meiste Zeit lief es gut.
Irgendwann hat sich dann auch ergeben, dass jede „ihre“ Seite hat. Tauschen hat einfach nicht gut funktioniert. Das führte meistens zu massivem Verschlucken, Verweigerung und/oder Milchstau. Inzwischen würde es wahrscheinlich gehen, aber wir haben uns jetzt schon so daran gewöhnt und bleiben einfach dabei.

Ich habe anfangs auch ein paar Mal beide gleichzeitig gestillt und mir sogar ein Zwillings- Stillkissen besorgt, musste aber schnell feststellen, dass das für uns nicht praktikabel ist.
Die Mädchen trinken meist nur etwa 5 Minuten und ich brauchte einfach schon beide Hände für ein Kind, so dass für mich Tandem Stillen stressiger war als sie nacheinander anzulegen. Damit kommen wir meistens ganz gut zurecht, wenn dabei nicht gerade das andere Kind brüllt, was inzwischen leider auch gerne mal das Kind an meiner Brust ablenkt.
In letzter Zeit habe ich ab und zu mal wieder beide gleichzeitig gestillt, wenn es gepasst hat. Das ist schon sehr schön, wenn man die Ruhe dafür hat und das Stillen wirklich genießen kann, auch wenn es die beiden erstmal lustiger fanden sich gegenseitig an den Händen zu spielen.

Komplikationen: Überproduktion & Milchstau

Meine große Milchmenge stellte mich vor diverse Probleme: das fing relativ harmlos an, mit überlaufenden Stilleinlagen, durchnässten Shirts und einem Tiefkühlschrank, in den vor lauter Milch kaum noch Essen rein passte. Diese Probleme ließen sich noch relativ leicht beheben, zum Beispiel mit einem zweiten Tiefkühlschrank. Schlimmer war der immer wiederkehrende Milchstau, der leider auch nach einem halben Jahr immer noch ein Thema bleibt.

Ausstreichen hat mir fast nie geholfen, auch nicht unter der heißen Dusche. Den Milchstau mit der Pumpe zu lösen war schwierig, beim Pumpen ausmassieren hat manchmal geholfen, das ging aber kaum alleine. Sobald die Kinder ordentlich trinken konnten wurde es etwas einfacher. Ich habe mich dann dick eingepackt ins Bett gelegt und nach ein paar Mahlzeiten, meistens nachts, ist der Knoten geplatzt. Teilweise hat es geholfen während des Stillens die gestaute Stelle leicht zu massieren. Manchmal habe ich auch zwischendurch gekühlt, wenn ich es zeitlich irgendwie geschafft habe.

Wenn sich der nächste Milchstau angekündigt hat, bzw. das Angebot deutlich größer war als die Nachfrage, habe ich in letzter Zeit auch mal abends nach der letzten Mahlzeit eine Tasse Salbeitee getrunken. Ich bilde mir ein das hat teilweise geholfen. Den Tipp hätte ich bestimmt schon früher gebrauchen können. (Anmerkung: Minze funktioniert auch.)

Der letzte wirklich schlimme Milchstau war dann auf gutem Wege zu einer ordentlichen Brustentzündung. Auf der Brustwarze war ein kleines weißes Bläschen zu sehen. Wie sich später herausstellte war das ein Klumpen getrockneter Milch unter einem Häutchen. Offenbar ist meine Milch zu dick…
Seitdem ich deshalb jetzt jeden Tag Leinöl und Lecithin zu mir nehme, ist der Milchstau deutlich seltener geworden. Wenn ich das aber mal ein paar Tage vernachlässige und dazu noch viel fettiges Fleisch esse, ist sofort die nächste Verstopfung da. Schade dass auch diese Erkenntnis erst nach 6 Monaten kam, die hätte mir garantiert schon früher geholfen.
(Anmerkung: akut hilft es super gut und schnell, wenn man sich das Häutchen mit einer sauberen Pinzette ganz vorsichtig wegzuppelt. Das kostet etwas Überwindung, man kann aber nicht so viel falsch machen und der Effekt ist gigantisch!)

Bis dahin hatte ich schon die verschiedensten Vermeidungsstrategien entwickelt: Die Kinder zum Kuscheln auf die Brust zu legen ging leider gar nicht mehr, genauso das Tragen im Tragetuch. Zum Bäuerchen machen oder herumtragen zu Hause konnte ich sie nur über die linke Schulter legen – rechts war der Milchstau viel öfter und schlimmer – worüber sich natürlich Rücken, Schultern und Nacken bedankt haben. Stilltee durfte ich nicht mehr trinken, diverse Kleidungsstücke mussten aussortiert werden und schlafen konnte ich eigentlich nur auf der linken Seite oder auf dem Rücken.

Glücklicherweise haben sich die meisten Probleme inzwischen gelegt oder sind zumindest nicht mehr ganz so extrem.

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Foto: privat.

Fazit: Zwillinge & Frühchen Stillen

Rückblickend würde ich das meiste wieder genauso machen, ich würde mir nur viel früher Hilfe von einer guten Stillberaterin holen. Was mir außerdem ungemein geholfen hat war die Unterstützung von meinem Mann, der die ersten Monate fast rund um die Uhr zu Hause war und mich immer wieder aufbauen konnte, wenn ich doch mal am Verzweifeln war.

Mit viel Geduld, Hilfe von Stillberaterin und Famile, einer positiven Einstellung und vor allem nicht zu viel Druck haben wir unser Ziel erreicht – unsere Mädchen werden voll gestillt, haben keine einzige Flasche Pre-Milch gebraucht und starten jetzt so langsam mit der Beikost.


Liebe M., ich danke dir herzlich für diesen authentischen Erfahrungsbericht, der so viele gute Hinweise auf eine erfolgreiche Stillbeziehung zu dritt unter schwieriger Ausgangslage beinhaltet.
Man merkt deiner Erzählung sehr gut an, dass es bei dir einen roten Faden gibt. Der Faden, der sich spannt, wenn man Geduld und Ruhe bewahrt, Schritt für Schritt dem Ziel entgegen geht und dabei auch kreative Umwege in Kauf nimmt. Ihr habt das toll hinbekommen!!!
Ich wünsche euch noch eine wunderschöne, komplikationslose Stillbeziehung und kann dir in deinem Fall nur raten, das Abstillen während der Beikosteinführung sehr vorsichtig zu lenken.

Hier geht es zu meinem Erfahrungsbericht: Zwillinge/ Mehrlinge abstillen.
Hier geht es zu meinem gesammelten Stilldrama.

Auch wenn bei mir die Ausgangslage zwar ähnlich, aber anfangs um jeden Tropfen Milch gebangt werden musste, kommt mir so viel aus diesem Bericht sehr bekannt vor.
Die unterschiedlichen Trinktemperamente, die Lieblingsseiten, die Milchstaus und auch die nervigen Häutchen. Damals hätte ich so gerne diese ganzen Geschichten „meiner Leidensgenossinen“ gekannt! Erfahrungsaustausch kann bei Stillproblemen so wertvoll sein. Also meine Damen: redet, schreibt, lest und fragt, auch wenn die Zeit für so etwas in der Neugeborenenzeit natürlich rar ist. Es lohnt sich!

Was ich auch noch immer spannend finde, wenn das Zwillingsstillen ohne Zufüttern klappt: Trinkmenge und Körpergewicht der Mutter. Denn – um Milch für zwei Babys produzieren zu können, braucht es halt auch doppelt so viel Energie und Flüssigkeit. Das ist meiner Meinung nach ein essentieller Schlüssel zum Stillerfolg bei Mehrlingen, den viele Wöchnerinnen unterschätzen. Deshalb habe ich das nochmal in Erfahrung gebracht: M. trinkt täglich etwa 4 Liter Wasser. Auch schon vor der Schwangerschaft war das nie ein Problem für sie. Mit einem BMI von 23 kg/m ist sie normalgewichtig (im oberen Bereich).

Aber, wie man hier so gut lesen und nachvollziehen kann, nicht nur die Milchproduktion nach einer Mehrlings-Frühgeburt ist herausfordernd. Auch Trinkschwäche und fehlende Reife im Doppelpack können viel Kraft kosten. Es ist wohl ziemlich typisch, dass es einen starken und einen schwachen Trinker gibt. Das kann man sich, wie von M. beschrieben, gut zu Nutze machen.

Hier gelangt ihr zu weiteren Still-Erfahrungsberichten von anderen Mehrlingseltern.

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