Vor unserem Urlaub in Florida habe ich mir ehrlich gesagt mal wieder die Finger wund gegoogelt. Gab es vor uns schon so verrückte Eltern, die mit zwei eineinhalbjährigen Kleinkindern einen Langstreckenflug ohne Nervenzusammenbruch absolviert haben? Oder sind wir die einzigen, die auf solch eine Schnapsidee kommen?
Wie überlebt man einen Langstreckenflug mit Kleinkindern?
Ein paar wirklich gute Tipps habe ich auf einigen Blogs, unter anderem bei MomOf2Girls, gefunden. Allerdings ist es glaube ich doch noch mal ein großer Unterschied, ob man zu zweit mit einem Zögling, mit Kind und Baby, dass sich zur Not mit Milch ruhig stellen lässt oder eben mit Zwillingen reist, die sowohl für Kind als auch noch für Baby durchgehen würden.
Im Folgenden kommen alle Infos und Erfahrungen, die wir gesammelt haben. Vorweg möchte ich aber einfach schon mal Mut machen. Der Urlaub und vor allem das tolle Wetter waren die jeweils neun Stunden im Flugzeug absolut wert. Ein Langstreckenflug mit Kleinkindern ist natürlich anstrengend. Aber machbar! Auch lange Autofahrten oder Zugfahrten sind in dieser Konstellation kein Zuckerschlecken…
Bei uns gab es keine größeren Katastrophen (die wir uns aber alle ausgemalt hatten – Vorbereitung fürs Hirn ist alles!). Ich würde sogar behaupten, wir waren noch nicht mal die nervigsten Gäste an Board. 😉
Die Kinder vorbereiten
Passenderweise stieg ein paar Wochen vor dem Urlaub bei den Kindern das Interesse an Flugzeugen und Hubschraubern, die wir am Himmel beobachten konnten. So nutzten wir die Chance und machten einen Ausflug zum Flughafen, beobachteten das Gewusel in der Halle und Starts und Landungen von der Besucherterrasse aus, um die Kleinkinder auf den Langstreckenflug vorzubereiten.
Wir redeten viel über das Fliegen und ich betonte ständig, dass wir auch bald mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen würden. Denn den letzten Flug hatten sie höchstwahrscheinlich nicht mehr auf dem Schirm.
Als Überraschung für den Reisetag gab es dann unter anderem noch ein Duplo-Flugzeug und ein passendes Wimmelbuch* (Werbung/ Affiliate-Link), was sie seitdem begeistert vor dem Einschlafen gucken. Besonders das Rolltreppefahren ist durch das Buch zum richtigen Hype geworden. Und auch beim Einsteigen in die Maschine herrschte eher Vorfreude als Angst.
Die Flugbuchung
Die Sitzplatzreservierung stellt einen vor die erste Qual der Wahl. Es gibt diverse Möglichkeiten, die je nach Flugzeit und individuellen Bedürfnissen alle ihre Reize und Nachteile haben. Kinder, die jünger als zwei Jahre alt sind, müssen bei Start und Landung auf den Schoß der Eltern und brauchen noch keinen eigenen Sitzplatz. Das bedeutet, man zahlt für sie lediglich Steuern und Gebühren.
Allerdings mag ein Baby noch zufrieden mit dem Schoß sein, mit einem Kleinkind vor dem Bauch wird es aber ganz schön eng und ungemütlich. Ich sag nur, Mahlzeiten und offene Getränke auf dem Tablett! Und dann muss ja auch noch irgendwie geschlafen werden…
Dies Schoß-Option würde erträglich werden, wenn man das Glück hat einen Platz mit Baby-Bassinet zu ergattern. Da können nämlich nicht nur Babys drin liegen, sondern auch Kleinkinder auf einem Langstreckenflug drin sitzen und spielen, solange sie nicht herausklettern oder es Turbulenzen gibt. Das gibt allen eine gewissen Bewegungsfreiheit. Allerdings gibt es nich viele davon und zwei davon zu benötigen, bedeutet, dass die Familie entweder nicht nebeneinander sitzt (totaler Supergau, weil jedes Elternteil Non-Stop im Einsatz) oder man in der Viererreihe sitzt, in der dann noch zwei fremde Passagiere die Wannen vor den Füßen haben.
Alternativ kann ein Kind unter zwei auch auf einem voll bezahlten Platz sitzen, bei Start und Landung entweder im extra dafür zugelassenen Kindersitz („for use in aircraft“, hier gibt es eine Liste vom TÜV) oder eben mit Gurt auf dem Schoß.
Sitzplatzreservierung
Wir haben lange hin und her überlegt und uns letztendlich dafür entschieden, beim Langstreckenflug mit zwei Kleinkindern für ein Kind einen Platz zu kaufen, für das andere nicht. Und wir wollten ganz normal in der Economy-Class reisen. Für die Buchung benötigten wir dann etwas Unterstützung durch die Telefon-Hotline.
Auch hier gibt es für die Platzwahl noch zig mögliche Varianten. Gewöhnlich sind Flugzeuge, die Langstrecke fliegen, so aufgebaut, dass in der Mitte vier Sitze, zum Ende hin drei Sitze und an den Seiten jeweils zwei Sitze nebeneinander sind. Man kann also darauf spekulieren, in der Vierer- oder in zwei Zweier-Reihen einen Gratis-Platz zu ergattern, wenn die Maschine nicht ausgebucht ist. Das haben wir auf der Hinfahrt (Tagflug) gemacht. Leider hatten wir (bzw. der Mitreisende neben mir) kein Glück.
Für den Rückflug (Nachtflug) haben wir eine Dreier-Reihe reserviert, weil uns das für ein gemeinsames Schlaflager am geschicktesten erschien. Auf keinen Fall dürft ihr die erste Dreier-Reihe nach den Vierer-Reihen auswählen. Dort sind die Klapptische logischerweise anders und die Armlehnen deshalb fest. Das ist also zum Schlafen und Sitzen zu viert total unpraktisch!
Im Nachhinein würde ich am Sitzplatz nicht noch einmal sparen, sondern direkt vier buchen und eventuell einen Koffer oder Kissen besorgen, mit denen man eine verlängerte Liegefläche bauen kann. Unsere Kinder wollten nur liegend schlafen und brauchten so viel Platz, dass wir Erwachsenen nicht sonderlich viel abbekommen haben.
Ich würde aber für jeden Langstreckenflug mit Kleinkindern definitiv immer wieder eine Sitzplatzreservierung tätigen. Im Zweifel glaube ich nicht, dass man hängen gelassen und aufgeteilt wird, wenn man ohne Reservierung zum Schalter kommt. Falls doch, würde es aber einiges verkomplizieren.
Die Flugzeit kann man selten beeinflussen, da es ja häufig nur eine Maschine am Tag gibt. Ein USA Flug von Europa bedeutet oft tagsüber hin, nachts zurück. Ich persönlich fand den Nachtflug – obwohl wir Erwachsenen nicht geschlafen haben – insgesamt irgendwie angenehmer. Allerdings hatten wir auch hinterher wesentlich mehr Jetleg-Probleme als auf dem Hinflug.
Mahlzeiten
Dass wir durch den dritten Platz ein drittes Essen bekamen, hatte ich mir vorher bei dem Appetit meiner Kinder als sinnvoll ausgemalt, war aber irgendwie neben den ganzen anderen Snacks ziemlich überflüssig. Es ist entspannter, wenn man zusammen mit dem Kind von einem Tablett essen kann und nicht nebenbei noch ein drittes Essen und offene Getränke vor dem Boden und der eigenen Hose retten muss muss.
Wer möglichst schnell sein Essen bekommen möchte, der bestellt vorher einfach ein Spezialmenü, zum Beispiel vegan oder glutenfrei. Dann wird es vor allen anderen verteilt.
Ansonsten haben wir noch kiloweise Obststücke, Brote und Knabbereien mitgehabt. Einerseits zum Entertainment (siehe Foto weiter unten, Idee abgeguckt von Pinterest). Andererseits, weil wir für den Notfall, also Verspätungen, Pannen…, gerüstet sein wollten.
Leider darf man keine frischen Lebensmittel in die USA einführen. Deshalb musste das dann alles vor der Landung noch schnell vertilgt werden.
Getränke und Flüssigkeiten dürfen Kinder unter zwei Jahren übrigens mit durch die Sicherheitskontrolle nehmen. Es kann nur sein, dass sie mit einem Papierstreifen auf Sprengstoff getestet werden…
Unterhaltung der Kinder
Auch hier wollte ich lieber genug im Petto haben, allerdings auch nichts überflüssig Sperriges im Handgepäck mitschleppen. So gab es ein paar neue kleine Spielsachen und Bücher. Auf Pinterest habe ich sehr viele Inspirationen zu kleinen Überraschungs-Boxen und sogenannten Busy-Bags gefunden und einiges für uns angepasst.
Eher weniger praktisch und auf dem Rückflug nicht mehr im Handgepäck waren die großen Koffer (die wir sowieso schon zu Hause hatten). Das Klapptischchen reicht vollkommen als Spielfeld. Dafür sind Zip-Beutel (aus der Drogerie) echt super cool. Schon alleine das Auf- und Zumachen, Ein- und Ausräumen unterhält. Am meisten Spaß hatten die Zwillinge mit buntem Papier und diversen Aufklebern.
Und ich muss den erfahrenen Vielfliegern zustimmen: Mitreisende, Bordpersonal und Flugzeug an sich bieten auch eine gute Unterhaltungsbasis. Da bedarf es gar nicht so viel Zauberei und einige meiner Tütchen warten nun unausgepackt auf den nächsten Einsatz. Das Übrige taten bei uns die Klickerei auf dem Touch-Screen des Board-TV und Animationsfilmchen sowie Fotos auf dem Smartphone. Wir hatten Kinderkopfhörer dabei, aber die Kinder, die hier gar kein Fernsehen kennen, waren schon von den bewegten Bildern gefesselt und Ton war überflüssig.
Abraten würde ich von Dingen mit hohem persönlichen Wert, da im Chaos doch schon einmal etwas verloren geht.
Wichtig finde ich persönlich auch, Kleinkindern bei einem Langstreckenflug Bewegungsmöglichkeiten einzuräumen und sie auf dem Gang umher wandern zu lassen, wenn die Flugbedingungen es gerade zulassen. Wir kennen es ja von uns selbst – so lange Sitzen will keiner, erst recht kein einjähriger Welteroberer.
Dass man noch so viele Überraschungen im Gepäck haben kann und es trotzdem zu mieser Stimmung und Wutanfällen kommt, ist selbstverständlich. Zwar bemühten wir uns natürlich, die Mitreisenden nicht unnötig zu foltern, aber ein bisschen Verständnis setze ich einfach voraus. Und es ist leider komplett wahr – das habe ich auch schon auf unseren kürzeren Flugstrecken gelernt und diesmal erfolgreich beherzigt: wenn die Eltern gelassen sind, fällt es auch den Kindern leichter zu entspannen.
Wickeln an Board
Mit Zwillingen auf der Langstrecke kommt mal als Eltern automatisch in den ganz privaten Mile-High-Club. Die Wickelmöglichkeit an Board ist bescheiden, aber irgendwie ist auch das machbar. Für uns hat sich bewehrt statt voluminöser, gut organisierter Wickeltasche einfach einen Jutebeutel mit Wickelunterlage, Windeln, Feuchttüchern und vielen, vielen Plastiktüten griffbereit im Fußraum stehen zu haben.
Zwar sollte man Wechselkleidung, Wundsalbe und Co natürlich auch irgendwo im Handgepäck haben, aber für die schnelle Windel ist das alles nur unnötig sperrig. Die Tasche kann in der WC-Kabine aufgehangen werden. Übrigens sollten die Kinder während des Flugs, zumindest aber bei den Wickelausflügen, am besten irgendetwas an den Füßen haben, mit denen man sie auch mal kurz auf dem nassen Boden abstellen möchte.
Mobilität und Handgepäck
Wir reisen am liebsten mit unserem großen Kinderwagen, dem Bugaboo Donkey, statt mit dem handlicheren Buggy. Bislang hatte auch noch keine Airline ein Problem damit, dass er aus drei Teilen besteht. Ja, er hat ein paar Kratzer abbekommen. Aber das passiert im Alltag doch auch und es ist nun mal ein Nutzgegenstand. Theoretisch könnte man eine Transporttasche mitnehmen oder mit Folie polstern, aber für so etwas sind wir grundsätzlich immer zu spät dran. Fragt unbedingt nach so einem Anhänger, mit dem ihr den Kinderwagen nicht nur mit zum Flugzeug nehmen dürft, sondern dort auch nach der Landung direkt wiederbekommt.
Das macht dann Babytragen im Handgepäck so gut wie überflüssig. (Ich stecke sie trotzdem ein, weil falls wir zum Beispiel noch einen Bus-Transfer nehmen oder viele Treppen überwinden müssen, hätten wir Probleme Handgepäck und Kinder sicher zu bewegen.)
Wenn die Kinder nicht im Buggy sitzen wollen, hat man einen prima Gepäcktrolley. Allerdings mussten wir den Wagen an einer Schleuse zusammenschieben, weil es wohl große Umstände bereitet hätte, uns eine breitere Tür zu öffnen und teilweise gab es nur Treppen auf den Wegen. Komisch, wie Rollstuhlfahrer das machen sollen…?!
Generell empfehle ich, einen große Falt- oder Jute-Tasche dabei zu haben, in die man schnell Jacken, Schuhe und Kleinkram, der gerade so anfällt, einräumen kann. Und man sollte das Handgepäck wirklich auf das Nötigste reduzieren. Aber natürlich sollte man auch auf Eventualitäten vorbereitet sein!
Wenn etwas schief geht…
Wobei ich direkt beim letzten Punkt bin. Je weiter man fliegt und mit je mehr Personen man unterwegs ist, desto mehr kann schief gehen: Verspätungen, Anschlussflüge, Pannen. Aber auch mit „Hygiene-Unfällen“ und akute Krankheiten muss man rechnen.
Da mein Mann und ich Flugverspätungen magisch anziehen, gingen wir vom schlimmsten aus und bestanden erst einmal bei der Organisation auf einen Direktflug. So mussten wir schon mal nicht um einen Anschlussflug bangen. Aber was machen wir, wenn wir trotzdem irgendwo stranden? Wie halten wir die Kinder bei Laune, wenn wir stundenlang im Flugzeug sitzen müssen, das nicht starten kann oder dergleichen? Für so einen Fall hatten wir eine Notfall-Ration Entertainment, Essen und Windeln einkalkuliert. Sicher ist sicher. Gottseidank haben wir davon nichts gebraucht.
Auch sollte man mit Wechselklamotten für die Kinder und für sich selbst (!) nicht geizen. Wie schnell landet ein Getränk auf dem eigenen T-Shirt und wenn sich ein Kind übergeben muss…
Ein paar Plastiktüten griffbereit zu haben kann auch nie schaden.
An Medikamenten hatte ich wie auf jedem Flug Nasentropfen dabei, etwas gegen Fieber und Schmerzen und für den allergrößten Notfall etwas gegen Übelkeit und Durchfall. Auch für die Erwachsenen! Denn weder ein Wickeldesaster noch eine ausgefallene Betreuungsperson kann man sich bei einem 1:1 Betreuungsverhältnis auf einem 9-stündigen Langstreckenflug mit zwei Kleinkindern erlauben. Der Rest der Reiseapotheke befand sich im Koffer/Frachtraum.
Letztendlich lief bei uns alles ohne größere Pannen. Wir wurden sogar überrascht, denn die Flugzeit erwies sich kürzer als auf den Tickets angegeben. Mit Kleinkindern zählt man ja irgendwann schon die Minuten…
Solltet ihr noch Fragen oder Anmerkungen und vielleicht ja noch den ultimativen Tipp zum Langstreckenflug mit Kleinkindern haben, dann ergänzt doch gerne in den Kommentaren!
Ansonsten wünsche ich eine gute Reise und einen tollen Urlaub all jenen, die sich in ein Abenteuer trauen.
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Ps. zum Merken & Weitersagen:
Hallo Nora
Das letzte Bild im Flieger (schwarz weiss) was ist das genau für ein Tupperware? Mit den vielen Fächer für snacks? Und von wo hast du das?
Besten Dank 🙂
Es nennt sich „Kiddo Feedo“ und ist eigentlich zum Einfrieren von kleinen Breiportionen gedacht. Meins kam hier her https://amzn.to/2TQs8ud (*Affiliate Link)
[…] mit Wettergarantie verbringen möchte und die Kanaren satt hat. Über unserer Erfahrungen mit dem Langstreckenflug und zwei Kleinkindern unter zwei Jahren habe ich schon vor einigen Wochen berichtet. Nun möchte ich von unseren liebsten […]